CVJM-Abend Dettingen

Nicola Vollkommer beim CVJM in DettingenZum Jubiläum des CVJM Dettingen und unter dem Thema „Eintauchen ins Leben“ erzählen Menschen davon, was sie trägt. Am Sonntagabend war die Autorin Nicola Vollkommer zu Gast.

Ein Abend mit britischem Humor und Esprit, aber auch mit einer außergewöhnlichen Lebensgeschichte und der Frage nach dem, was in Grenzsituationen wirklich zählt: Die Reutlinger Autorin Nicola Vollkommer war am Sonntagabend im „Café 150“ des CVJM Dettingen zu Gast. Die Engländerin hat ein Buch über ihre Kindheit und Jugendzeit im afrikanischen Nigeria publiziert, ein zweites Buch über die Geschichte ihres Onkel, der jahrzehntelang als Missionar unter den Inuit in der Arktis wirkte, folgte im vergangenen Jahr.

Rund 120 Gäste am Sonntag wollten sich diesen spannenden Abend nicht entgehen lassen. Rabea König vom CVJM Dettingen zeigte sich denn auch hoch erfreut über diese überaus gute Resonanz. „Schön, dass wir vor allem ein sehr gemischtes Publikum haben, von jung bis alt“, betonte Rabea König. Seit Freitagabend lädt der CVJM aus Anlass seines 150-jährigen Jubiläums zum „Café 150“ ins Café Winter am Kreisverkehr ein. Mit jeweils anderen Gästen, die aus ihrem Leben berichten, mit Musik und Kaffeehausatmosphäre sowie Bewirtung vom benachbarten CVJM Neuhausen. Das Konzept, Veranstaltungen nicht im Gemeindehaus anzubieten, sondern außerhalb kirchlicher Räume und dadurch ein größeres Publikum anzusprechen, scheint aufzugehen. „Bislang waren alle Abende sehr gut besucht“, sagt Rabea König. „Für uns als CVJM ist es wichtig, zu den Menschen zu gehen. Das kann ein Weg sein, um Leute einzuladen.“

Einladen ließen sich die Gäste am Sonntagabend auf eine Reise nach Afrika. Nicola Vollkommer erzählte von einer glücklichen Kindheit in Nordnigeria, die jäh unterbrochen wurde von den bereits damals beginnenden ethnischen Auseinandersetzungen und Massakern zwischen den einzelnen verfeindeten Stämmen.

Trotz der Gefahr blieb die Familie dort. Und Nicola Vollkommer lernte bereits als Kind, dass es keine Sicherheit auf dieser Welt gibt, außer sich Gott anzuvertrauen und auf seine Hilfe zu hoffen. Eine Lebensmaxime, die sie ihr Leben lang durchgetragen hat, eine Glaubensgewissheit, die trägt. „Ich habe gelernt, dass meine Heimat, meine Wurzeln nicht irgendwo hier auf der Erde sind, sondern auf Golgatha, da wo Jesus starb.“

Trotz dieser äußeren Bedrohungen in Nigeria empfindet die Autorin ihre Kindheit bis heute als überaus glücklich. „Wir kannten zwar weder die Sesamstraße noch die Beatles und wussten auch nicht, wie ein Spielwarengeschäft von innen aussieht. Aber die afrikanische Steppe war unser Kinderzimmer, wir sammelten Schlangenhäute, kletterten auf Bäumen herum und lernten die Natur kennen.“

Die afrikanische Zeit endete jäh, als die Kinder der Familie auf weiterführende Schulen wechseln mussten: ins Internat nach England. Ein Auslandssemester führte die Studentin Nicola Vollkommer vor fast drei Jahrzehnten schließlich ins Schwabenland. Es sollte ihre dritte Heimat werden, lernte sie hier doch ihren Mann kennen.

So stand das „Café 150“ ganz im Licht dieser Multikulturalität, dieser Dreierbeziehung zwischen Afrika, England und dem Schwabenland. Dass Letzteres anfangs kein ganz einfaches Terrain für eine afrikanisch geprägte Engländerin war, räumte Vollkommer am Sonntagabend ein. Doch die Schwaben hat sie inzwischen ganz in ihr Herz geschlossen. Vielleicht auch deshalb, weil sie, die profunde Beobachterin, stets mit dem bereits erwähnten britischen Humor an die Dinge, Menschen und Mentalitäten herangeht. Und vielleicht, so ließ Vollkommer anklingen, gebe es ja eines Tages ein Buch über das Leben einer Engländerin bei den Schwaben. Das, so bleibt zu vermuten, könnte dann ebenso gut ankommen, wie die Erzählungen Vollkommers am Sonntagabend. Eine Besucherin jedenfalls bemerkte am Schluss: „Ich hätte ihr noch stundenlang zuhören können.“