Wunder Weihnacht

Wunder WeihnachtSo sehr haben wir uns in unserer westlichen Kultur an die Rituale, Feierlichkeiten, Schmuckstücke und Geschenke des Weihnachtsfestes gewöhnt, dass das Eigentliche an Weihnachten leicht in Vergessenheit gerät. Wenn diese Geschichte wahr ist – wenn die Jungfrauengeburt, der Engelsgesang, der Stern über Bethlehem wirklich passiert sind, dann muss es mein Leben tief und nachhaltig berühren, verändern, auf den Kopf stellen.
Genau in diese tiefen, persönlichen Schichten des Weihnachtsgeschehens möchten uns diese Texte führen, in die Geschichte hinter der Geschichte – in deine und meine Geschichte.

Farbig illustriert
Buch gebunden, 72 Seiten
Maße: 21 x 21 cm
Art.-Nr.: 644256
EAN: 9783867162562
Verlag: Concepcion Seidel
Neuauflage, September 2023
16,95 €

 
Leseprobe

Lukas und Matthäus

Wenn ich wählen müsste, würde ich Lukas wählen. Er erzählt die Weihnachtsgeschichte, wie ich sie aus meinen Lieblingsliedern kenne: „Herbei, o ihr Gläubigen“, „Hört der Engel helle Lieder“, „Stille Nacht“. Auch das Ländliche mag ich, auch das kommt aus Lukas. Hirten, Schafte, Ochsen, Esel, Tauben: eine rustikale Idylle für Tierliebhaber. Nicht zu vergessen das bewegende Herzstück der Geschichte: eine Mutter mit ihrem neugeborenen Baby, nicht irgendeinem Baby. Der Retter, der Heiland der Welt. Lukas hat es erfasst. Er sieht es ähnlich wie in meinem Weihnachtsambiente im Wohnzimmer – Engel, Krippenszene, sanfte Musik, Kerzen, Tischdeckchen mit aufgestickten Glitzerkugeln an den Rändern. Die Deko könnte auch von ihm kommen.

Dann schlage ich Matthäus auf. Eine andere Stimmung. Es grüßen die Männer der Geschichte. Kein Stall mehr, sondern der Palast eines Königs. Matthäus berichtet nämlich aus Jerusalem. Geht schnell zur Seite, ihr Hirten, macht die Bühne frei für goldbeladene Magier aus dem Fernen Osten. Stampfende Stiefel, das Klirren von Waffen. Leibwächter, unverschämte Reichtümer, von Soldaten bewacht. Es grüßt Herodes, schäumend vor Wut. Schaltet „Stille Nacht“ schnell aus, her mit der Marschmusik. Keine Schlaflieder aus dem Mund einer verehrenden Mutter, sonder schmerzerfüllte Schreie einer „Rahel, die um ihre Kinder weint“. Die Lieblichkeit von Lukas mit einem Schlag durch Herodes‘ Massenmord an den Söhnen Bethlehems zerschmettert.

Matthäus hat es nämlich auch erfasst. Schon zu Anfang der Geschcihte hatte Jesus Feinde. Seine erste Windel war nicht einmal gewechselt und schon die ganze Hauptstadt seinetwegen in Aufruhr.

Lukas bleibt dennoch eine kleine Oase, in die ich mich gerne zurückziehe, um etwas Himmelsduft einzuatmen. Matthäus holt mich schnell genug wieder ein.