Frauenfrühstück in Hohenstein
Das Leben ist zur Castingshow geworden
Zum Thema „Dem Leben eine Stimme geben“ fand im Oberstetter Gemeinschaftshaus das Frühjahrsfrühstück für Frauen statt.
125 Frauen aller Generationen genossen einen sonnigen Vormittag.
Wenn der Verein Frühstückstreffen für Frauen in Hohenstein im Frühjahr und im Herbst zum Frühstück einlädt, herrscht immer volles Haus. So auch an diesem Samstagvormittag, als sich Frauen aller Generationen an den festlich gedeckten Tischen niederließen, um bei Musik, Anspiel und Gesprächen Geselligkeit zu genießen, sich verwöhnen zu lassen und beim Referat in sich zu kehren und nachdenklich zu werden.
Seit vielen Jahren haben die Organisatorinnen mit ihrem Konzept großen Erfolg, dank des Kartenvorverkaufs lässt sich das stets bis auf den letzten Platz ausverkaufte Frühstück perfekt planen. „Bei unserer nächsten Veranstaltung am 15. Oktober können wieder mehr Frauen teilnehmen. Dann sind wir im Gemeindehaus Eglingen, dort steht uns mehr Platz zur Verfügung“, teilte Doris Bindewald vom Organisationsteam mit.
Das Oberstetter Dorfgemeinschaftshaus war frühlingshaft geschmückt, durch die Fenster strahlte die Morgensonne und tauchte den Raum in festliches Licht. Nach dem gemeinsamen Frühstück bei anregenden Gesprächen leitete Claudia Staub in ihrer traditionellen Rolle als schwäbische Putzfrau auf den Vortrag über, der von Nicola Vollkommer zum Thema „Dem Leben eine Stimme geben“ gehalten wurde. Als gebürtige Engländerin wuchs sie in Afrika auf, seit vielen Jahren lebt sie in Reutlingen und ist Mutter von vier Kindern. Die Frau des Pastors der „Christlichen Gemeinde Reutlingen“ hat schon einige Bücher geschrieben, außerdem ist sie als Referentin bei unterschiedlichen Veranstaltungen gefragt.
Vollkommer hat viel zu sagen und doch gibt es auch bei ihr Situationen im Leben, die sie zum Schweigen bringen. „Wir trauen uns nicht mehr zu sprechen, Versagensängste, Enttäuschungen, Krankheiten und die Angst vor dem Tod nehmen uns die Stimme ebenso wie viele Kleinigkeiten“, sagte sie. Man lasse sich die Stimme nehmen vom Druck der Perfektion: das Haus, das nicht vollkommen sauber ist, der missglückte Berufseinstieg, die misslungene Torte oder die Ehe, die im Scheidungskrieg endet. „In den Medien wird uns das perfekt gestylte Leben vorgegaukelt. Das ganze Leben ist mittlerweile zur Casting-Show geworden. Es wird dir gesagt, wie du zu sein hast. Es wird dir vorgegeben, wie deine Kinder sich entwickeln sollen“.
Irgendwann steht jeder Mensch vor der Erkenntnis: Ich kriege das nicht hin, ich kann die Erwartungen nicht erfüllen. Der Druck, es nicht zu schaffen, wird immer größer, die Stimme verstummt. Schwache gehen unter, denn in einer Gesellschaft, in der ein Scheitern nicht mehr erlaubt ist, siegen die Starken. „Doch Jesus gibt den Gescheiterten ihre Stimme zurück. Es ist ok, nicht mithalten zu können, zu scheitern, zu weinen. Er erlaubt, dass all das, was nicht zum Optimum passt, gezeigt werden darf, denn er hat ein Herz für die Schwachen“, machte Vollkommer deutlich.
Man müsse damit aufhören, stets nach dem „wenn ich nur…“ zu schauen und nach dem Glück zu hetzen. Vielmehr sollten Schnittstellen im Alltag gefunden werden, die dabei helfen, die Stimme nicht zu verlieren: „Sei bereit zu vergeben, lasse den Groll los und haushalte in Liebe und Überfluss anstatt in Geld und Zahlen“. Das Leben sei zu kurz, um es in Streit zu verbringen. Wer in der Sprache des Evangeliums spreche, der könne durch seine Stimme unter den Menschen die Umstände ändern.
„Wer sein Leben verschenkt, der geht selbst als Beschenkter durchs Leben“, lautete die Botschaft von Nicola Vollkommer.
Quelle: Südwestpresse, Text und Bild: Maria Bloching